Im Kontext des Erbrechts und Verlassenschaftsverfahrens spielen gesetzliche Erbansprüche, testamentarische Regelungen und das Pflichtteilsrecht eine entscheidende Rolle. Das gesetzliche Erbrecht priorisiert Ehepartner und Kinder, während das testamentarische Erbrecht individuelle Verfügungen erlaubt. Das Pflichtteilsrecht sichert Angehörigen einen Mindestanteil am Nachlass. In Österreich wird nach jedem Todesfall automatisch ein Verlassenschaftsverfahren eingeleitet, bei dem Notare als Gerichtskommissäre fungieren. Diese unabhängigen und erfahrenen Juristen unterstützen die Abwicklung, klären erbrechtliche Ansprüche und sorgen für eine rechtskonforme Übertragung des Vermögens an die Erben. Der Prozess beinhaltet die Todesfallaufnahme, die Klärung der Erbansprüche und die Verlassenschaftsabhandlung. Der Notar als Gerichtskommissär gewährleistet eine transparente und verlässliche Abwicklung dieses rechtlichen Verfahrens, wobei er die Interessen aller Beteiligten umfassend berücksichtigt.

ARTEN DES ERBENS

Das gesetzliche Erbrecht: Das gesetzliche Erbrecht steht in erster Linie dem Ehegatten und den Kindern zu. Wenn Kinder vorher verstorben sind, treten Enkelkinder in deren Erbteil ein. Adoptivkinder und uneheliche Kinder sind leiblichen, ehelichen Kindern vollkommen gleichgestellt. Sind keine Kinder oder Enkelkinder vorhanden, so fällt das gesetzliche Erbrecht an die Eltern und deren Nachkommen – also auch an die Geschwister oder andere entfernte Verwandte. Sind überhaupt keine Angehörigen vorhanden, dann erbt der Staat. Wenn Kinder da sind, steht den Ehegatten ein Drittel des Nachlasses zu. Gibt es keine Kinder, erben Ehegatten zwei Drittel des Nachlasses. Ansonsten teilt man den Nachlass anteilsmäßig nach Familienstämmen auf.

Das testamentarische Erbrecht: Wenn ein Testament oder ein Erbvertrag vorliegt, gilt nicht die gesetzliche Erbfolge. Dann bestimmt die letztwillige Anordnung des Verstorbenen, wer die Erben sein sollen und wer das Vermögen zu welchen Teilen bekommen soll.

Das Pflichtteilsrecht: Unabhängig vom Testament erhalten die nächsten Angehörigen einen gesetzlich vorgesehen Mindestanteil am Nachlassvermögen – den sogenannten „Pflichtteil“. Dieser steht grundsätzlich dem Ehegatten und den Kindern/Enkelkindern zu. Der Pflichtteil ist grundsätzlich ein Auszahlungsanspruch gegen die testamentarischen Erben. Dieser Anspruch bemisst sich nach dem Verkehrswert des Nachlasses und der Pflichtteilsquote.

VERLASSENSCHAFTEN

Nach jedem Todesfall wird in Österreich automatisch vom Gericht ein so genanntes Verlassenschaftsverfahren eingeleitet. Ziel ist es, dass im Erbfall alle vermögensrechtlichen Angelegenheiten im Sinne des Verstorbenen abgewickelt werden und dass das Vermögen an die Erben ordnungsgemäß übertragen wird. Notare sind vom Gesetz dazu bestellt, das Verlassenschaftsverfahren für die Gerichte durchzuführen. In dieser Funktion sind Notare als „Gerichtskommissäre“ tätig. Dabei haben sie ganz besondere Pflichten und Aufgaben zu erfüllen. Selbstverständlich unterliegen diese Verfahren der besonderen Verschwiegenheitspflicht. Daher ist auch das Bankgeheimnis für den Notar als Gerichtskommissär aufgehoben, um so die Abwicklung für alle Beteiligten zu vereinfachen.

 

Notare genießen besonderes Vertrauen der Justiz. Speziell ausgebildet und mit langjähriger Berufserfahrung ausgestattet, treten sie ihr Amt an. Der Notar ist unabhängig und unparteiisch, gleich einem Richter. Er wird durch den Bundesminister für Justiz mit dem öffentlichen Amt betraut und unterliegt der besonderen Aufsicht des Gerichts und der Notariatskammer. Deshalb sind dem Notar hoheitliche Aufgaben übertragen, die sonst z. B. nur den Gerichten vorbehalten sind.

Der Notar als Gerichtskommissär…
  • ist für die verlässliche Abwicklung der Verlassenschaft zuständig
  • stellt sicher, dass dem Willen des Verstorbenen entsprochen wird
  • informiert alle Beteiligten über ihre Rechte und möglichen Anträge
  • stellt seine Erfahrung im Erbrecht und im Verfahrensrecht zur Verfügung
  • wahrt die Verschwiegenheit gegenüber Dritten
  • ist vor Ort in unmittelbarer Nähe des letzten Wohnsitzes des Verstorbenen tätig
  • wird erst entlohnt, wenn das gesetzlich vorgesehene Honorar vom Gericht bestimmt wurde.

WAS IST EIN VERLASSENSCHAFTSVERFAHREN? UND WAS TUT DER NOTAR ALS GERICHTSKOMMISSÄR?

Der Notar als Gerichtskommissär hilft den Beteiligten unabhängig und unparteiisch bei der Abwicklung des Verfahrens und informiert sie umfassend über ihre Rechte und Pflichten. Er begleitet von der ersten Besprechung (Todesfallaufnahme) bis zur Beendigung des Verfahrens. Er unterstützt Sie als erfahrener Jurist bei der Abwicklung des Erbes, aber auch nach dem Ende des Verlassenschaftsverfahrens, z. B. bei der Eintragung Ihres Eigentumsrechts im Grundbuch oder im Firmenbuch.

Vorverfahren: Wenn der zuständige Notar vom Gericht die Sterbemitteilung erhält, muss er als erstes die „Todesfallaufnahme“ errichten. Zu dieser Erstbesprechung werden vom Notar Personen eingeladen, die über die persönlichen und vermögensrechtlichen Belange des Verstorbenen Bescheid wissen. Dabei werden alle persönlichen und vermögensrechtlichen Daten aufgenommen. Dazu gehören Verwandtschaftsverhältnisse, um gesetzliche Erbansprüche zu klären. Hierzu gehören letztwillige Verfügungen, die dem Notar als Gerichtskommissär zu übergeben sind. Dazu dienen dem Notar auch Informationen und Registrierungen im Österreichischen Zentralen Testamentsregister.

Zu diesem Gespräch sollten, so weit vorhanden, folgende Unterlagen mitgebracht werden:
  • Aufstellung der nächsten Angehörigen (Ehegatten, Kinder, Enkel, Eltern, Geschwister) mit Namen, Adressen, Geburtsdaten, Telefonnummern sowie die Standesurkunden
  • Testamente im Original, Eheverträge, Erb- und Pflichtteilsverzichtsverträge
  • Adoptionsurkunden, Gerichtsbeschlüsse über die Bestellung zum Erwachsenenvertreter
  • Todesfallkosten: Rechnungen beispielsweise von Bestattungsunternehmen, Grabstein (Auftragsbestätigung), Trauermahl, Blumen und Grabschmuck, Grabpflege, Todesanzeigen, Trauerbillets
  • Lohn/Pension: Arbeitgeber/Versicherungsanstalt und Sozialversicherungsnummer
  • Sparbücher im Original; Bankinstitute und Sparbuchnummern
  • Gehalts/Pensionskonten (letzte Auszüge): Bankinstitute und Kontonummern
  • Bausparverträge (letzter Auszug) mit Bausparinstitut und Vertragsnummer
  • Sonstige Girokonten, Depotkonten, Wertpapiere (letzte Auszüge): Bankinstitute und Kontonummern
  • Schließfächer und Safes: Bankinstitute und Fachnummern
  • Lebensversicherungen, Sterbeversicherungen: Versicherungsunternehmen und Polizzennummern
  • Schulden: offene Pflegekosten, Krankenhausbeiträge, Kredit und Darlehensschulden, Bürgschaften
  • Bei Faustfeuerwaffen: Waffenpass, Waffenbesitzkarte und Waffennummern
  • Liegenschaften: Grundbuch und Einlagezahl, Einheitswertbescheid des Finanzamtes
  • Fahrzeuge: Zulassungsschein bzw. Typenschein und Versicherung

Als Ergebnis dieses Vorverfahrens stellt der Notar fest, welche Vermögenswerte oder auch Schulden des Verstorbenen zum Todestag vorhanden waren. Wenn kein Vermögen vorhanden ist, wenn das Vermögen weniger als 5.000 Euro beträgt oder wenn der Nachlass gar überschuldet ist, wird das Verlassenschaftsverfahren in einem abgekürzten Verfahren beendet.

Abhandlungsverfahren: In allen anderen Fällen muss die sogenannte „Verlassenschaftsabhandlung“ durchgeführt werden. Dabei stellt der Notar fest, welche Personen erbberechtigt sind. Dann ist zu klären, ob diese die Erbschaft ausschlagen oder das Erbe antreten. Dabei können die Erbberechtigten zwischen einem „bedingten“ und einem „unbedingten“ Erbantritt wählen. Darüber informiert der Notar in einer besonderen Beratung. Alle Anträge der Erben werden vom Notar zu Protokoll genommen, können aber auch schriftlich eingebracht werden. Je nach Art der Erbantrittserklärung (bedingt oder unbedingt) wird vom Gerichtskommissär ein Inventar errichtet oder mit den Erben die Vermögenserklärung erstellt. Das Verlassenschaftsverfahren ist dann beendet, wenn der Nachlass in den rechtlichen Besitz des bzw. der Erben übergeben wird. Das geschieht durch einen gerichtlichen Beschluss, den sogenannten „Einantwortungbeschluss“.

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