VORSORGEVOLLMACHT UND ERWACHSENENVERTRETUNG (SACHWALTERSCHAFT) 

Die gesetzlichen Bestimmungen zum Thema Erwachsenenschutz und Vorsorgevollmacht haben das Ziel die Selbstbestimmung von Menschen, die aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit eingeschränkt sind, zu fördern. Man will die Autonomie von Menschen, die nicht mehr in der Lage sind, ihre Angelegenheiten selbst zu besorgen, erweitern. Diese Menschen sollen – soweit das möglich ist – selbst über ihre rechtlichen Beziehungen bestimmen.

Die Reform des bisherigen Sachwalterrechts wurde notwendig, weil Österreich nach Art 12 des UN-Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderungen (UN-Behindertenrechtskonvention) dazu verpflichtet ist, alle notwendigen Maßnahmen zu ergreifen, behinderten Menschen die Unterstützung zukommen zu lassen, die nötig ist, damit sie ihre Rechts- und Handlungsfähigkeit ausüben können. Stellvertretung darf nur das allerletzte Mittel sein. Unterstützungsmaßnahmen müssen in erster Linie sicherstellen, dass die betroffene Person in der Lage ist, die Entscheidung selbst zu treffen.

    „Die vier Säulen“ der Vertretung einer unterstützungsbedürftigen volljährigen Person sind:

    • Vorsorgevollmacht,
    • gewählte Erwachsenenvertretung,
    • gesetzliche Erwachsenenvertretung,
    • gerichtliche Erwachsenenvertretung.
    1. Vorsorgevollmacht

    Eine Vorsorgevollmacht ist eine Vollmacht, mit der Sie vorsorgen, für den Fall, dass Sie selbst nicht mehr handlungs- und entscheidungsfähig sind. Nicht ein Erwachsenenvertreter (Sachwalter), sondern eine von Ihnen gewählte Vertrauensperson kümmert sich um Ihre Belange.

    Wenn es um Vorsorge im rechtlichen Bereich geht, denken die meisten an die Errichtung eines Testaments. Dabei kommt immer häufiger ein Thema zur Sprache, das mehr und mehr Menschen betrifft und bewegt: Die rechtliche Vorsorge für den Fall, dass man selbst nicht mehr handlungs- und entscheidungsfähig ist. Auf diese Frage gibt es eine maßgeschneiderte Antwort:

    Die Vorsorgevollmacht.

    Nicht nur ältere Menschen wollen selbstbestimmt ihr Leben führen. Auch in jungen Jahren kann durch eine schwere Erkrankung oder einen Unfall Vorsorge mit einem Schlag wichtig werden.
    Mit der Vorsorgevollmacht hat jeder die Möglichkeit, bereits im Vorhinein eine Vertrauensperson zu bestimmen. Diese Person vertritt ihn in bestimmten Angelegenheiten, wenn er die Geschäfts-, Einsichts-, Urteils- oder Äußerungsfähigkeit verliert. Damit soll einer allfälligen späteren Erwachsenenvertretung vorgebeugt werden. Interessant ist jedoch eine Vorsorgevollmacht auch für Unternehmer. Wie oft kommt es vor, dass jemand ein Einzelunternehmen hat oder Alleingesellschafter einer GmbH ist. Im Fall der Fälle, wenn der Inhaber oder Gesellschafter einen Schlaganfall erleidet, ins Koma fällt oder dement wird, kann das Unternehmen nicht mehr weitergeführt werden.

    Was passiert, wenn keine Vorsorgevollmacht erteilt wird? Im Allgemeinen wird dann im Falle der „Entscheidungsunfähigkeit“ für die betroffene Person ein Erwachsenenvertreter bestellt. Er erledigt im Namen der Person, für die er bestellt ist, die Rechtsgeschäfte. Die Erwachsenenvertretung wird zum Beispiel häufig von Ämtern, Banken, Krankenhäusern oder Heimen beantragt, um sich bei finanziellen oder medizinischen Angelegenheiten abzusichern.

     

    Daten und Fakten: Für wen ist eine Vorsorgevollmacht wichtig?

    • Jeder dritte Österreicher leidet laut WHO zumindest einmal in seinem Leben an einer schweren psychischen Erkrankung.
    • Mehr als 130.000 Menschen sind in Österreich von Demenz betroffen. Bis 2050 können es bis zu 400.000 sein.
    • Die Wahrscheinlichkeit an Demenz zu erkranken, steigt ab dem 65. Lebensjahr steil an. Der Anteil von Menschen über 60 Jahren an der Gesamtbevölkerung nimmt zu: von heute 23 % auf 34 % im Jahr 2050.
    • In Österreich werden jährlich 830.000 Menschen bei Unfällen verletzt. 622.000 davon im Haushalt, in der Freizeit und beim Sport.

    Quellen: Statistik Austria, Bundesministerium für Gesundheit

    In der Praxis ist die Vorsorgevollmacht bereits sehr beliebt. In der Regel stattet man nahe Familienangehörige, zum Beispiel Kinder, mit dieser Spezialvollmacht aus. Die Anwendungsbereiche der Vorsorgevollmacht können vielfältig sein. Sie erstrecken sich einerseits auf die Vertretung in allen Vermögensangelegenheiten. Andererseits umfassen sie die Vertretung im Krankenhaus gegenüber Ärzten, insbesondere bei Behandlungen und Operationen. Darüber hinaus betreffen sie auch die Unterbringung in einem Pflegeheim sowie die Vertretung im Alltag bei Behörden, Gerichten und dergleichen.

    Man kann das Wirksamwerden der Vorsorgevollmacht bei Eintritt des Vorsorgefalles im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis registrieren, wobei man einen allfälligen Widerruf dieser Vorsorgevollmacht hier ebenfallsregistrieren kann.

    Eine Vorsorgevollmacht ist eine Entscheidung, die viel Verantwortung und größtmögliche Sorgfalt verlangt. Von jedem, der eine Vorsorgevollmacht erteilen will. Aber auch von jedem, der dabei berät. Ihr Notar unterstützt sie gerne bei Fragen im Zusammenhang mit der Vorsorgevollmacht. Die Erstberatung ist natürlich kostenlos.

    2. Gewählte Erwachsenenvertretung

    Die gewählte Erwachsenenvertretung ermöglicht einer volljährigen, nicht mehr voll handlungsfähigen Person im Bedarfsfall, selbst einen Vertreter zu bestimmen. Voraussetzung ist, dass sie die Tragweite einer Bevollmächtigung zumindest in Grundzügen verstehen und sich entsprechend verhalten kann. Bei der gewählten Erwachsenenvertretung handelt sich um einen Bevollmächtigungsvertrag, der wie die Vorsorgevollmacht nach Belehrung höchstpersönlich und schriftlich etwa vor einem Notar errichtet werden muss. Auch die Wirksamkeit der gewählten Erwachsenenvertretung hängt von der Eintragung im ÖZVV ab. Für die Beantragung der gewählten Erwachsenenvertretung ist die Vorlage eines ärztlichen Zeugnisses verpflichtend. Dieses Zeugnis bestätigt, dass die betreffende volljährige Person aufgrund einer psychischen Krankheit oder vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit so stark eingeschränkt ist. Diese Einschränkung führt dazu, dass sie die Angelegenheiten, die vom Wirkungsbereich des Vertreters umfasst sind, nicht mehr eigenständig besorgen kann.

     

    Vertrauensvolle Vollmacht mit gerichtlicher Kontrolle

    Als Vollmachtnehmer kommt jede nahe stehende Person in Betracht, dh nicht nur Angehörige, sondern etwa auch Freunde oder Nachbarn, zu denen ein Vertrauensverhältnis besteht.

    Die Vollmacht kann sich auf einzelne Angelegenheiten oder Arten von Angelegenheiten beziehen. Die gewählte Erwachsenenvertretung unterliegt auch einer eingeschränkten gerichtlichen Kontrolle. Der Erwachsenenvertreter hat mindestens einmal pro Jahr einen „Lebenssituationsbericht“ an das Gericht zu erstatten. Darin muss er berichten, wo und wie häufig die Kontakte mit der vertretenen Person normalerweise stattfinden. Es ist auch der Wohnort der vertretenen Person anzugeben, damit eine dauerhafte Wohnortänderung, die an sich der gerichtlichen Vorabgenehmigung bedürfte, dem Gericht wenigstens im Nachhinein zur Kenntnis kommt. Der Erwachsenenvertreter hat dem Gericht zu schildern, wie das geistige und körperliche Befinden der vertretenen Person aktuell ist, welche Angelegenheiten für die vertretene Person im vergangenen Berichtsjahr zu besorgen waren und welche im kommenden voraussichtlich zu besorgen sein werden.

    Darüber hinaus ist ein Erwachsenenvertreter grundsätzlich rechnungslegungspflichtig, das bedeutet, dass er, wenn er mit der Verwaltung des Vermögens oder des Einkommens der vertretenen Person betraut ist, dem Gericht bei Antritt seines Amtes das Vermögen im Einzelnen anzugeben und in weiterer Folge laufend, mindestens alle drei Jahre, Rechnung zu legen hat. Bei Beendigung seiner Tätigkeit hat er Schlussrechnung zu legen.

    Da sie auf der – wenn auch schon etwas geminderten – persönlichen Willensbildung des Vertretenen beruht, ist die gewählte Erwachsenenvertretung, wie die Vorsorgevollmacht, zeitlich nicht beschränkt.

    3. Gesetzliche Erwachsenenvertretung

    Die dritte Säule, die gesetzlich Erwachsenenvertretung, ersetzt im Wesentlichen die frühere Vertretungsbefugnis der nächsten Angehörigen, wobei der Kreis der potenziell Vertretungsbefugten um Neffen und Nichten erweitert wurde.

    Eine gesetzliche Erwachsenenvertretung soll jedoch nicht unmittelbar kraft Gesetzes eintreten; es soll also zu keinem Pflichtamt werden, sondern sie soll nur dann bestehen, wenn sie im ÖZVV eingetragen ist. Die Eintragung ist etwa von einem Notar vorzunehmen und setzt die Bescheinigung mittels ärztlichen Zeugnisses sowie die persönliche Belehrung des Betroffenen und des Erwachsenenvertreters voraus.

    Die gesetzlichen Erwachsenenvertreter haben ebenfalls einen Lebenssituationsbericht einmal jährlich an das Gericht zu erstatten und sind auch rechnungslegungspflichtig, wenn sie mit der Verwaltung des Vermögens oder des Einkommens der vertretenen Person betraut sind.

    Man muss die gesetzliche Erwachsenenvertretung spätestens nach 3 Jahren erneuern.

    4. Gerichtliche Erwachsenenvertretung

    Der gerichtliche Erwachsenenvertreter ersetzt schließlich als höchste Säule, welche die Autonomie am meisten einschränkt, den bisherigen Sachwalter.

    Voraussetzungen

    Die gerichtliche Erwachsenenvertretung darf, so wie früher die Sachwalterschaft, nur ultima ratio sein. Einer volljährigen Person ist auf ihren Antrag oder von Amts wegen ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter zu bestellen, soweit sie bestimmte Angelegenheiten aufgrund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung ihrer Entscheidungsfähigkeit nicht ohne Gefahr eines Nachteils für sich selbst besorgen kann, sie dafür keinen Vertreter hat (weder Vorsorgevollmacht noch gewählter oder gesetzlicher Erwachsenenvertreter), sie einen solchen nicht wählen kann oder will und eine gesetzliche Erwachsenenvertretung nicht in Betracht kommt (weil sich niemand dazu bereit erklärt oder überhaupt keine Person existiert, die in Frage käme).

     

    Befugnisse

    Die Befugnisse des gerichtlichen Erwachsenenvertreters sind auf bestimmte Vertretungshandlungen beschränkt. Die Bestellung eines gerichtlichen Erwachsenenvertreters kann also nur für einzelne oder bestimmte Arten von Angelegenheiten erfolgen, die gegenwärtig zu besorgen sind. Sobald eine Angelegenheit erledigt ist, ist die Erwachsenenvertretung einzuschränken, sobald alle erledigt sind, ist sie zu beenden. Man kann die Erwachsenenvertretung jedoch jederzeit um neue Angelegenheiten erweitern.

     

    Erwachsenen-Verfügung

    In der Erwachsenenvertreter-Verfügung, kann der Betroffene Personen bezeichnen, die er als Erwachsenenvertreter wünscht oder ablehnt. Die Verfügung erfordert nur geminderte Entscheidungsfähigkeit, muss aber zur Wirksamkeit schriftlich etwa vor einem Notar errichtet und im ÖZVV eingetragen werden. Die gewählte Person ist vom Gericht vorrangig zu bestellen.

     

    Handlungsfähigkeit und Genehmigungsvorbehalt

    Keine der genannten Vertretungsarten führt zu einem automatischen Verlust der Handlungsfähigkeit der vertretenen Person. Soweit dies zur Abwendung einer ernstlichen und erheblichen Gefahr für die betroffene Person erforderlich ist, kann das zuständige Pflegschaftsgericht jedoch bei einer gerichtlichen Erwachsenenvertretung (und nur dort) anordnen, dass die Wirksamkeit von bestimmten rechtsgeschäftlichen Handlungen der betroffenen Person die Genehmigung des gerichtlichen Erwachsenenvertreters voraussetzt (Genehmigungsvorbehalt). Ansonsten kommt es bei volljährigen Personen ausschließlich darauf an, ob sie im Rechtsverkehr die erforderliche Geschäftsfähigkeit aufweisen oder nicht. Der Genehmigungsvorbehalt soll nur in Ausnahmefällen angeordnet werden, etwa wenn die vertretene Person laufend nachteilige Geschäfte abschließt, deren Gültigkeit anschließend in gerichtlichen Verfahren geklärt werden muss, weil die Vertragspartner die außergerichtliche Berufung auf die Geschäftsunfähigkeit nicht akzeptieren. Die „ernstliche und erhebliche“ Gefahr besteht in diesen Fällen darin, dass die vertretene Person Vermögenswerte faktisch aus der Hand gibt bzw sich verschuldet.

    Die gerichtliche Erwachsenenvertretung erlischt automatisch drei Jahre nach der erstinstanzlichen Beschlussfassung, sofern vor Ablauf dieses Zeitraums kein Erneuerungsbeschluss gefasst wird.

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